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Das Bio-Psycho-Soziale Modell in der Schmerzmedizin

Ein modernes, wissenschaftlich fundiertes Verständnis von Schmerz – und die Grundlage meiner täglichen Arbeit

1. Warum mir dieses Verständnis so wichtig ist

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Schmerzen sind einer der häufigsten Gründe, warum Menschen medizinische Hilfe suchen. Während akute Schmerzen oft eine wichtige Warnfunktion haben und nach Abheilung der Ursache abklingen, können chronische Schmerzen (länger als 3–6 Monate) zu einer eigenständigen Erkrankung mit massiven Einschränkungen werden.


Das bio-psycho-soziale Modell ist heute internationaler Standard und bildet die Basis meiner Arbeit als Schmerzmedizinerin. Es beschreibt Schmerz als ein komplexes Zusammenspiel aus biologischen, psychologischen und sozialen Faktoren – und ermöglicht dadurch ein viel tieferes Verständnis der individuellen Situation meiner Patienten.

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2. Die drei Dimensionen des Modells

a) Biologische Faktoren (Bio)

Diese Dimension umfasst alles, was im Körper selbst passiert:

  • Nozizeption und Gewebeschädigung: z. B. Verletzungen, degenerative Veränderungen (Arthrose) oder Bandscheibenerkrankungen.

  • Sensibilisierung des Nervensystems: Überreaktionen im zentralen und peripheren Nervensystem können dazu führen, dass harmlose Reize als Schmerz empfunden werden.

  • Begleiterkrankungen: Stoffwechselstörungen, hormonelle Dysbalancen oder muskuläre Verspannungen können Schmerzen verschlimmern.

  • Genetik und Pharmakogenetik: Unterschiede im Stoffwechsel beeinflussen, wie Schmerzreize verarbeitet und Medikamente verstoffwechselt werden.

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b) Psychologische Faktoren (Psycho)

Die Psyche spielt eine entscheidende Rolle bei der Schmerzwahrnehmung:

  • Gefühle und Emotionen: Angst, Stress oder depressive Verstimmungen verstärken Schmerzen.

  • Gedankenmuster: Wer Schmerzen als Bedrohung empfindet, neigt eher zu Vermeidungsverhalten – ein Teufelskreis, der Schmerzen oft verschlimmert.

  • Coping-Strategien: Aktiver Umgang mit Schmerz (z. B. Bewegung, Entspannungstechniken) verbessert nachweislich das Therapieergebnis.

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c) Soziale Faktoren (Sozial)

Auch das soziale Umfeld beeinflusst Schmerzen massiv:

  • Familie und Partnerschaft: Unterstützung hilft, Überfürsorglichkeit kann hingegen Passivität fördern.

  • Beruf und Alltag: Arbeitsplatzunsicherheit, Konflikte oder fehlende soziale Strukturen können Schmerzen verstärken.

  • Gesellschaftliche Normen: Vorstellungen darüber, wie man „mit Schmerzen umgeht“, prägen das Verhalten.

 

3. Chronifizierung – wenn Schmerzen bleiben

Das Modell erklärt auch, warum Schmerzen chronisch werden können:

  • Schmerzgedächtnis: Wiederholte Schmerzimpulse verändern die Schmerzwahrnehmung im Nervensystem.

  • Schonverhalten: Angst vor Schmerz führt oft zu Bewegungsvermeidung, die die Situation langfristig verschlechtert.

  • Soziale Isolation: Rückzug und der Verlust von Alltagsstrukturen können Depressionen begünstigen und Schmerzen verstärken.

 

4. Konsequenzen für die Therapie

Nur ein interdisziplinärer und multimodaler Ansatz ist nachhaltig erfolgreich.

  • Medizinische Maßnahmen: individuell angepasste Schmerztherapie, minimalinvasive Verfahren, Physio- und Bewegungstherapie.

  • Psychologische Unterstützung: kognitive Verhaltenstherapie, Achtsamkeitstraining und Strategien zur Schmerzbewältigung.

  • Soziale Komponenten: Integration von Angehörigen, Anpassungen am Arbeitsplatz und soziale Reintegration.

 

5. Mein Anspruch an die Behandlung

Ich lege großen Wert darauf, dass meine Patienten verstehen, wie ihre Schmerzen entstehen und wodurch sie beeinflusst werden. Dieses Wissen nimmt Angst und gibt ihnen wieder mehr Kontrolle über die eigene Situation. In meiner Praxis bedeutet das:

  • ausführliche Gespräche und Anamnese,

  • eine individuell zugeschnittene Therapieplanung,

  • die Zusammenarbeit mit Physiotherapeuten, Psychologen und anderen Spezialisten, wenn dies sinnvoll ist.

 

6. Leitlinienbasierte Medizin mit Begeisterung für den Menschen

Das bio-psycho-soziale Modell ist fester Bestandteil der aktuellen internationalen Leitlinien (Deutsche Schmerzgesellschaft, EFIC, IASP) und der modernen Klassifikation chronischer Schmerzen (ICD-11).
Ich setze dieses Konzept jeden Tag mit Leidenschaft um, weil es den Blick auf den Menschen als Ganzes ermöglicht und nachhaltige Behandlungserfolge schafft.

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7. Fazit

Schmerzen sind so individuell wie die Menschen, die darunter leiden. Das bio-psycho-soziale Modell erlaubt es mir, komplexe Zusammenhänge zu erkennen und jede Therapie genau auf die Bedürfnisse meiner Patienten abzustimmen.


In meiner Praxis in Retz ist dieses Modell die Basis jeder Schmerzabklärung und -therapie – und der Schlüssel für langfristige Linderung und bessere Lebensqualität.

Copyright 2023   Dr. Martina Mühlreiter   Alle Rechte vorbehalten

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